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Homepage von René Pönitz

Wahl-o-mat Schleswig-Holstein

Ein neuer Wahl-o-mat ist draußen. Dieses Mal für Schleswig-Holstein. Ich habe ihn mehrfach gemacht, dieses Mal mit unterschiedlichen Ergebnissen. Mal waren Piraten vorn, mal Linke.

Anders als bei den sonstigen Wahl-o-Mat-Artikeln nehme ich dieses Mal nur eine Auswahl in den Beitrag:

Straffreie Fesselspiele in Sachsen

Pro-Tipp für Sachsen: In Sachsen ist es straffrei, den Richter vom Amtsgericht Kamenz mit Kabelbindern an einen Baum zu fesseln. Weil da kein öffentliches Interesse besteht – und die Schuld sehr gering ist. Von Vorteil ist es allerdings, selbst nicht vorbestraft zu sein. Und noch mehr von Vorteil wäre es natürlich, wenn der Gefesselte dann bis zur gerichtlichen Verhandlung stirbt…Anmerkung unten

Nein, das ist kein Aufruf für eine einzustellende Straftat. Mich erschüttert eben die Entscheidung, das Strafverfahren gegen die vier Irren von Arnsdorf einzustellen.

Es besteht sehr wohl öffentliches Interesse, wenn Menschen in ihrer Freiheit beschnitten werden. Das Vorstrafenregister ist beim Strafmaß zu berücksichtigen, aber doch nicht bei der Frage der Verfahrenseinstellung. Aber die Tatsache, dass das Opfer mittlerweile verstorben ist, ist besonders makaber. Es mag richtig sein, dass damit ein Zeuge fehlt. Aber dieses nachträgliche Ereignis schwächt die Tat nicht ab. Zumal das Ereignis auch hinreichend gut per Video dokumentiert wurde. Auch wenn die Darstellung der Szene der Videobetrachtung im Gerichtssaal die reinste Realsatire ist:

Allerdings ließ der Richter das Video zunächst auf einem Minilaptop vorspielen. Der Ton war unverständlich, die Bilder für das Publikum nicht einsehbar. Sogar die Staatsanwaltschaft regte den Aufbau des „privaten technischen Szenarios“ an. Dieses Szenario bestand aus einem privaten Flachbildfernseher des Angeklagten Detlev O. (49) sowie dem Laptop seines Verteidigers Maximilian Krah. Schmunzelnd bauten O. und G. in einer Verhandlungspause die Technik selbst auf, der Richter nahm auf dem Zeugenstuhl Platz, um das Video zu sehen.

Noch mal langsam: der Angeklagte führt das Video vor – und niemand weis, welche zensierte Version er vorführt.

Zur Rechtsmaterie:

  • Notwehr ist nur das Abwehren einer Gefahr. Das Wegreißen der Weinflaschen kann eine Notwehrmaßnahme darstellen. Aber mit der Wegnahme war er „unbewaffnet”.
  • Die Jedermann-Festnahme benötigt Fluchtverdacht und fehlende Identitätsfeststellung – beides nicht gegeben.

Ich kann nur hoffen, dass dieses Verfahren noch einmal aufgerollt wird.

(Bei Youtube gibt es erschreckende Videos, wo diese Misshandlung als Zivilcourage verkauft wird. Ich verlinke nicht drauf.)

Anmerkung: Aufgrund neuerer Erkenntnisse ist meine flappsige Eingangsbemerkung nicht länger haltbar und unangemessen. Gegenwärtig verdichten sich Anzeichen, dass der Staatsanwalt massiv bedroht wurde. Bis hin zu Morddrohungen.

Teestab Ernesto - Ein Produktfehler auf der ganzen Linie

Ich trinke gerne Tee. Besonders schwarzen. Irgendwann bekam ich diesen Teestab von Ernesto geschenkt:

Ich habe ihn einmal genutzt. Nie wieder. Und das hat durchaus viele Gründe. Genau genommen ist es ein Musterbeispiel für schlechte Usability auf der gesamten Linie. Dabei besteht das Produkt doch so schönen „hochwertigen Edelstahl”. Zumindest wird mir das auf der Verpackung erklärt.

Beginnen wir den Teegenuss mit dem „praktischen Befüllen mit losem Tee direkt aus der Verpackung”. In der Regel scheitert das schon daran, dass das Röhrchen länger ist als der Durchmesser üblicher Teedosen. Also muss man mit viel Geduld und Geschick die Teeblätter in das runde Röhrchen mit 1,6cm Durchmesser einfüllen.

Pro-Tipp: Trichter.

Weiter gehts. Das Röhrchen „Einfach in die Tasse oder in das Kännchen stellen”. Natürlich sollte die Tasse nicht zu klein bemessen sein. Und das Kännchen nicht zu hoch. Nun kommt das heiße Wasser.

Traditionell nimmt man Tee nach wenigen Minuten wieder heraus. Nun spürt man den hochwertigen Edelstahl direkt an den Fingern.

Pro-Tipp: Zange.

Beim Herausnehmen sollte das Röhrchen möglichst gerade hingestellt werden – denn im Inneren ist noch heißer Tee. Unten hat der Teestab nämlich kein Loch.

Pro-Tipp: Schüssel.

Nun kommt aber der eigentliche Genuss. Doch auch der wird getrübt, weil einige Krümel im Tee mitschwimmen. Die Öffnungen sind zu groß für feinen schwarzen Tee.

Pro-Tipp: Sieb.

Nachdem man nun die Teekrümel eingesammelt, die Brandwunden verarztet, die Pfützen auf dem Tisch weggewischt und den Tee gesiebt hat, kann man endlich den Tee genießen.

Anschließend steht die „einfache Reinigung durch den abnehmbaren Bodendeckel” an. Und das sollte man am besten noch machen, wenn das Röhrchen schön warm ist. Denn sonst trocknet der Tee im Röhrchen fest. Den Deckel kann man abnehmen (und ich bin froh, dass er sich nicht in der Tasse schon gelöst hat). Übern Mülleimer leeren? Pustekuchen. Aufgequollener Tee verlässt nicht freiwillig das Röhrchen. Also schön unterm Wasserstrahl – und anschließend den Tee im Spülbecken einsammeln und ab in den Müll. Nur im Bodendeckel klebt es dann immer noch.

Pro-Tipp: Schraubendreher.

Möchte ich wirklich mit Trichter, Zange, Schüssel, Sieb und Schraubendreher greifen, um eine Tasse Tee zu trinken? Nein, dann greife ich lieber wieder zum Papierfilter.

(So nebenbei: als Klangröhrchen ist es auch nicht besonders tauglich)

Öffentliche Toiletten in Berlin - Keine Wall-Knebelverträge mehr!

Der Berliner Senat schreibt den Betrieb für öffentliche Toiletten sowie den Betrieb für Werbetafeln getrennt aus.

Kaum erfolgt, droht der bisherige Betreiber schon mit den Abbau der kleinen Notdurft-Häuschen, die wiederum zum Anlass einer Petition zum Erhalt der WALL-Häuschen führte:

Wir fordern den Senat auf, das Angebot von öffentlichen Toiletten in gleicher Zahl zu Erhalten und lückenlos für die Zukunft sicherzustellen!

Genau das passiert mit der Ausschreibung. Doch in der Begründung wird das bisherige System geblobt und verteidigt:

Hier wird eine Erfolgsstory ohne konkreten Anlass infrage gestellt

Weiter heißt es:

Dass die geplante getrennte Ausschreibung von Werbeflächen zur Erzielung von zusätzlichen Einnahmen der bisherigen Qualitätssicherung des Toilettensystems den Boden entzieht, hatten bereits der Berliner Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung sowie die Berliner Bezirksbeauftragten in einem Brandbrief an den Senat und die Bezirksbürgermeister beklagt

Ich breche eine Lanze für den Berliner Senat.

Haben sie 21 Standorte für Werbetafeln in der Handhand? Natürlich nicht irgendwo, möglichst 1A-Lage. Nein? Das ist aber schade – denn wird das nichts mit einer zusätzlichen barrierefreien öffentlichen Toilette!

Ich saß in der letzten Wahlperiode in der BVV Treptow-Köpenick – und wann immer der Wunsch nach neuen Toiletten aufkam, musste mit genau diesem Vertrag vertröstet werden. Denn der Deal zwischen Senat und Wall war nicht bar, sondern in Form von Werbestandorten. Siehe dazu auch meine Anfrage:

Für Toilettenanlagen, die im 2. Bauabschnitt entsprechend des Nachtrages vom 01.07.1998 zum Vertrag vom 19.11.1993 errichtet wurden, erhielt Wall für jede aufgestellte City-Toilette das Recht zur Vermarktung von 21 Werbeflächen.

Die Folge dieser Kopplung war, dass viele Menschen enttäuscht waren. Und das war keine finanzielle Frage, sondern eine rechtliche. Daher ist das, was der Senat nun tut, völlig richtig: Zwei Dinge voneinander entkoppeln, die nichts miteinander zu tun haben. Die Werbetafeln führen zu Einnahmen, die Toiletten zu Kosten.

(Oder einmal anders herum gedacht: Es muss einen Grund geben, warum ein externer Dienstleister diese Toiletten so 1-A in Schuss hält. Offensichtlich ist dieses Angebot so lukrativ, dass die Toilettenkosten nicht ins Gewicht fallen)

Genau genommen hätte schon der rot-schwarze Senat diese Ausschreibung ansteuern müssen, das Ende des Kombivertrages war bekannt. Bei diesem Versäumnis ist es daher auch nicht verwunderlich, dass diese Petition von einem CDU-Abgeordneter mitinitiiert wurde.

Und was immer nun passieren mag: es kann nur besser werden – wenn es politisch gewollt ist. Und wenn dazu neue gebaut werden müssen, dann ist es eben so. Es obliegt ein Stück auch an Wall, kooperativ zu sein, selbst wenn der Deal nicht zu ihren Gunsten ausgeht.

Den Elbradweg komplettieren, Folge 537: Elbstrand Hamburg

Ich bin ja ein Freund von Realsatire und bin auch über so manchen Behördenirrsinn verwundert. Was extra3 aber in der letzten Sendung zum Radweg auf dem Elbstrand zeigte, ist völlig daneben. Aber schaut selbst:

Das was hier gezeigt wird, ist kein Irrsinn, sondern ein ganz normaler Vorgang. Es wird etwas geplant. Es gibt Protest. Es gibt Argumente für und gegen das Vorhaben. Und das ist abzuwägen.

Wer dies in dieser Phase bereits als Irrsinn bezeichnet – liebe extra3-Redaktion – verkennt die Bedeutung von politischer Auseinandersetzung insbesondere in der Lokalpolitik.

Der Elbradweg ist einer der bedeutenden Radwanderwege in Deutschland. Richtig. Anders als der Bericht suggeriert, hat er nicht nur am Hamburger Elbstrad Defizite. Aber gefühlt befinden sich die meisten Defizite in Hamburg. Nun soll tatsächlich eins dieser Lücken geschlossen werden. Wir müssten uns eigentlich freuen.

Ok, da wo der Weg langführen kann, gibt es Konflikte mit dem Elbstrand. Ein Nutzungskonflikt. Da gibt es Leute, die den Sand in der Elbe in Ruhe genießen wollen. Es gibt Unsicherheiten zu Veränderungen. Das verstehe ich.

Aber gibt es tatsächlich Alternativen? Die benachbarte Övelgönne ist nicht für Radfahrer zugelassen. Sie ist auch zu eng. Nun blicken alle auf die Elbchaussee. Ja, dort besteht auch Bedarf, etwas für den Radverkehr zu tun. Nur: Zwischen der Elbe und der Elbchausee besteht ein ordentlicher Höhenunterschied. Zudem wäre ein Radstreifen in der Elbchaussee eher für versierte Alltagsradler geeignet, während der Elbradweg für Radtouristen, also auch Familien, die mit Hund und Kegel unterwegs sind.

Eine Lösung, die alle zufriedenstellen kann, wird es vermutlich nicht geben. Die Mobilisierung für einen noch sehr groben Plan ist gewaltig.

Die Argumente der Bürgerinitiative sind natürlich auch zu hinterfragen. Sie betont die Bedeutung von Nacherholungsgebieten (Warum sollen Radfahrer diese nicht erreichen und durchradeln dürfen?), sie bemängeln den Preis (Das sind Peanuts im Vergleich zu dem, was für Stadtautobahnen verpulvert wird) und schätzen den Radweg als gefährlich ein (aber so ein Handtuchstreifen auf der Elbchaussee ist nicht gefährlich?). Manche Argumente sind in Anbetracht des zeitlichen Verlaufes auch fehlplatziert: sie bemängeln die fehlende technische Machbarkeitstudie (Wie auch? Das Verfahren steht am Anfang) oder kritisieren, dass ausgerechnet nun diese Lücke geschlossen werden soll.

Im Kern geht es jedoch um die Frage, ob ein Radweg hier in diesem Abschnitt realisiert werden kann und soll. Die Herzen der Radfahrer werden schlagen, die der heutigen Strandbesucher nicht. Das ist eine politische Debatte, aber es ist alles andere als realer Irrsinn.