Olympia in Hamburg
Gerade ist wieder in Hamburg die Diskussion bzgl. einer Austragungsstätte für die olympischen Spiele entfacht, man blickt nun auf das Jahr 2036. Oder 2040. Oder Irgendwann.
Es gab mal die Idee, zusammen mit Berlin eine Bewerbung zu machen. Dann zog sich Berlin zurück. Hamburg denkt nun solo nach, Berlin mit drei anderen Bundesländern. So langsam verliere ich den Überblick, wann wer wo mit wem Olympia machen will.
Auf eines kann man sich aber auf jeden Fall verlassen: die Beißreflexe gegen Großereignisse. Menschen, die alle Hebel in Gang setzen möchten, diese Wettkämpfe zu verhindern. Zumindest in der eigenen Stadt. Nolympia ist das Stichwort.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die destruktiv sind und in all diesen größeren Ereignissen das Böse sehen. Wenn ich Defizite sehe, dann fordere ich lieber Ausbesserung. Denn damit kann ich am Ende mehr bewirken. Zum einen, um gewisse Auswirkungen und Nachteile zu reduzieren, vor allem aber auch um die Vorteile zu nehmen: allen voran der positive Spirit, den solche Wettkämpfe doch haben sollen.
Denn warum geht es bei dem ganzen? Es ist ein großes Event, bei denen Menschen aus der ganzen Welt gegeneinander antreten, um zu schauen, wer ne Kugel am weitesten stoßen und wer am weitesten hüpfen kann. Nicht, dass mich das irgendwie interessiert, aber ich finde es gut, dass die Menschen, die das jeweils besonders gut können, auch ihre Talente vorführen können. “Die Welt zu Gast bei Freunden” war doch ein schönes Motto bei der Fußball-WM 2006 – und diesen Spirit vermisse ich dieser Tage immer wieder, gerade wo unsere Braunen immer wieder gegen alles hetzen, was Ihnen fremd und unbekannt ist.
Anstelle also zu sagen “Olympia soll verhindert werden, weil”, sage ich lieber: “Olympia gerne, aber nur wenn”. Und dann kann man viele Punkte auch gerne einmal umdrehen. Aus einer E-Mail entnahm ich beispielsweise folgende Kritikpunkte:
- Das Olympische Komitee will Macht übernehmen – und es würde dann Demonstrationsverbote geben. Ich will mich gar nicht damit beschäftigen, ob und in wie weit Grundrechtseingriffe überhaupt möglich wären, ob man eine politische Bannmeile um Stadien legen kann oder ähnliches. Aber wenn das die Sorge ist, so kann man gerne das in einen Forderungskatalog aufnehmen (Bitte aber nicht verwechseln, dass im Rahmen der Ausübung des Hausrechts bestimmte Aktionen in den Arenen selbst nicht zugelassen werden)
- Das Olympische Komitee will Konsum-Zwang ausüben – in Hinblick ihrer Sponsoren. Auch hier kann man in den Forderungen doch klarstellen, dass es keine Einschränkungen geben darf, was außerhalb der Wettkampfstätte passiert.
Mir persönlich war 2015 vor allem die Rolle der Handelskammer ein Dorn im Auge. Obwohl deren Aufgaben gesetzlich eng gesteckt sind, die sie für ihre Zwangsmitglieder zu erfüllen haben, überschreitet sie immer wieder ihre Kompetenzen – und schlimmer noch: sie war sogar mit 1% an der Bewerbungsgesellschaft beteiligt. Und solche Ausfälligkeiten sind leider die Regel – und damit schadet die Handelskammer Olympia ungemein. Und das würde ich gerne als Bedingung festgeschrieben sehen.
Das andere ist diese starke Fokussierung auf eine Stadt. Es müssen schon für einen begrenzten Zeitraum unzählige Unterbringungsmöglichkeiten und Wettkampfstätten geschaffen oder ertüchtigt werden. Und gerade aus Nachhaltigkeitsaspekten ist es schöner, wenn sich das auf verschiedene Punkte innerhalb einer gewisser Region verteilt. Während ich da vor allem an Norddeutschland denke, finde ich das Statement von Volt zur Olympia sehr zielführend und progressiv:
Olympia gehört nicht in die Hände von Autokratien. Sie bieten die Chance, die Welt zusammenzubringen und Werte wie Fairness, Nachhaltigkeit und Respekt zu feiern. Genau deshalb darf es kein ‚Weiter so‘ mit klassischen Bewerbungen geben. [..] Volt schlägt vor, mit nordeuropäischen Partnern wie Kopenhagen, Stockholm oder Helsinki eine gemeinsame Bewerbung zu erarbeiten. „Warum nicht eine Bewerbung, die die Ostsee als verbindendes Element sieht? Diese Idee ist innovativ, nachhaltig und beschreibt ein Europa, das zusammen an Lösungen arbeitet“.
Ein weiteres Argument, was ich nicht greifen kann, sind Mieten und Gentrifizierung. Ist ein Olympia-Austragungsort Motor für Gentrifizierungsprozesse? Möglich. Aber was passiert denn ohne Olympia? Hamburg hatte noch nie Olympia – und trotzdem ist der Wohnungsmarkt nicht mehr gesund. Wird er noch schlimmer, weil Olympia durchgeführt wird? Oder wird er auch ohne Olympia schlimmer? Ich glaube, diese Spekulation ist nicht zielführend. Viel mehr sollten wir die SPD langsam in die Opposition schicken.
Und zu guter Letzt: das Geld. Natürlich kostet es auch eine Menge, Olympia vorzubereiten. Und es wird Profiteure geben, keinen Zweifel. Und es werden Leute dadurch Arbeit haben, auch keinen Zweifel. Aber wenn wir es gut machen, dann haben wir auch etwas davon. München ist ein gutes Beispiel, wo nach den olympischen Spielen 1972 die Stadt eine U-Bahn, einen schönen Olympiapark mit Stadion und auch gut 6000 Wohnungen mehr hatte.
Schauen wir auf Hamburg, wird die größte Herausforderung der Hafen sein. Die Frachtschiffe werden immer größer – und es wird immer fraglicher, wie lange wir es uns ökologisch und ökonomisch leisten können, die Elbe auszubaggern, während Wilhelmshaven mit dem JadeWeserPort einen Tiefseehafen für Schiffe bis 18 Meter Tiefgang bereits hat. Es wird einen Strukturwandel geben – und diesen in ein Olympiakonzept eingeflochten, könnte also auch eine ungemeine Chance sein.
Conclusio: Lasst uns lieber Forderungen sammeln, die uns bei einer Olympia-Ausrichtung wichtig erscheinen!
(Siehe auch mein Statement von 2015 zur Hamburger Bewerbung 2024)
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