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Homepage von René Pönitz

Klima und Grundeinkommen

Am 12.10. dürfen wir in Hamburg wieder an die Urnen treten – es finden zwei Volksentscheide statt. In dem Beitrag geht es um den “Volksentscheid Zukunft”.

Über den Gesetzentwurf zum Zukunftsentscheid habe ich letztes Jahr ausführlich berichtet. Ich sehe keine essentielle Veränderung gegenüber den damaligen Stand. Das Originalgesetz legt die Messlatte für die Zielerreichung sehr hoch, hat aber keine Konsequenzen beim Verfehlen. Würde man das in dieser vorgeschlagenen Form zum Gesetz werden lassen, sehe ich Recherche und fand damals verschiedene Quellen. Offensichtlich haben die Initiatoren eine andere Quelle – und liefern Jahresscheiben, so dass es noch 424 Tonnen CO2 im Jahre 2040 sein dürfen.

Alle damals gestellten Sorgen sehe ich nach wie vor (siehe eben alten Beitrag). Hier fokussiere ich mich auf die Abstimmungsbroschüre. In dieser darf die Initiative und die im Parlament vertretenen Parteien gleichermaßen Stellung beziehen – die Fraktionen im Anteil entsprechend ihrer Stärke.

Initiative

Zur Seite der Inititative. Mich triggern vor allem die Vorteile (im PDF auf Seite 4). Ohne Frage, die klingen erst einmal gut. Aber leider ergeben sie sich nicht aus dem Gesetz. Nehmen wir Verkehr. Hier ist zu lesen:

Verbesserten Verkehr:

  • Klimaschutz braucht gut ausgebauten Nahverkehr – für alle erreichbar
  • Besserer ÖPNV heißt: weniger Lärm, saubere Luft und entspannt ans Ziel
  • Weniger Stau und keine Verbote für Autos

Die Sätze würde ich als Ziele allesamt unterstreichen. Und wären auch gute Maßnahmen, die man ins Gesetz hätte schreiben sollen. Aber das ist eben nicht geregelt. Das Gremium könnte solche Ziele bestimmen. Sehr wahrscheinlich werden wir die Jahresziele verfehlen. Ich prognostiziere: jedes Jahr. Aber wenn das ständig tagende Gremium nun die Verbesserung des ÖPNV anregen will, so ist der ja nicht von heute auf morgen da. In Kiel sind die Weichen für eine Tram weitestgehend gestellt – und wenn alles gut läuft, werden die ersten Abschnitte 2034, also in 9 Jahren, in Betrieb gehen. Neun Jahre, in dem wir zum normalen CO2 noch Bau-CO2 für die Tram haben werden. Also neun Jahre, in dem wir durch die Maßnahme keine Erfolge sehen werden und weitere Jahresziele verfehlen.

Den größten Schmerz sehe ich aber beim Wohnen:

Geringere Wohnkosten & höhere Wohnqualität:

  • Solaranlagen auf dem Dach reduzieren Stromkosten
  • Sanierte Wohnungen sparen Heizenergie und bleiben bei Hitze kühl
  • Sozialverträglichkeit & Förderungen begrenzen die Weitergabe von Sanierungsinvestitionen auf Mieterinnen und Miete

Ich musste mich in diesem Jahr erst allein mit den Fragen der Dämmung des Hauses, in dem ich wohne, beschäftigen. Keine Frage, der Wohnkomfort wird steigen. Die Hofseite ist bereits gedämmt, die Straßenseite nicht. Wenn ich aber nun die anberaumten Investitionskosten im Verhältnis mit den prognostizierten Energiekosteneinsparungen setze, amortisiert sich – nicht inflationsbereinigt – diese Baumaßnahme ohne Förderung rechnerisch nach ca. 262 Jahren. Das ist Theorie. Die Inflation wird den Zeitraum schon allein halbieren. Aber dann stehen auch noch Kapitalmarktzinsen im Raum, die das Ding in die Unendlichkeit beamen.

Aber nun gibt es ja schon Förderprogramme, bei der aber dir niemand zum Zeitpunkt der Entscheidung die Garantie gibt, ob zum Zeitpunkt der Umsetzung die selben Regeln gelten. Würde man sie in Anspruch nehmen, würden ca. 1/3 der Kosten übernommen werden, es blieben immer noch ca. 167 Jahre. Dafür muss aber ein Nachweis für einen hydraulischen Abgleich vorgelegt werden, die auch vierstellig Kosten kann, der aber aufgrund der aktuellen Heiztechnik nicht gefördert wird. Wo man sich dann schon wieder fragt, ob einem die Förderung dann noch etwas bringt.

Und wenn die Fassade gedämmt ist, könnte man die Fenster durch Dreifachverglasung austauschen. Wenn die Förderung so bestehen bleibt, die Kostenprognosen so bleiben, ich die Zinsproblematik ausklammere und ich dafür keinen zweiten hydraulischen Abgleich brauche, dann hätte ich zumindest allein bei den Fenstern noch die Chance, die Amortisation noch erleben zu können.

Und dann ist das eine Sanierung – und dann kann man sich auch ausmalen, was das für Mieter heißt. Und nun macht es sich die Initiative im Gesetz einfach. In §2 Abs. 4 sollen die die Ziele “sozialverträglich umzusetzen” sein – und erst nachgeordnet das Gebot der Wirtschaftlichkeit bzw. Sparsamkeit aufkommen. Das mag ein einfacher juristischer Hebel sein, der in der Anwendung viel Auslegungsbedarf haben wird. Soll die Stadt nun den Eigentümern die energetischen Maßnahmen so stark bezuschussen, dass die dann daraus resultierende Umlage auf die Miete nur noch den eingesparten Energiekosten entspricht? Glaskugel.

Und das so eine Sanierung auch Energie braucht und das Ergebnis dann auch technisch schmälert, habe ich hier erst mal ausgeklammert.

In dem Fall habe ich Fragezeichen, wenn mir die Initiative das als Maßnahme für “geringe Wohnkosten” verkauft. Obwohl man ehrlicherweise lieber sagen sollte: Es geht um unser Klima, das muss eben auch etwas kosten.

Kommen wir zur anderen Seite, wie positionieren sich die Parteien der Bürgerschaft ?

SPD/Grüne

Die Regierung ist sich offenbar einig, dass all das, was sie derzeit tun, schon sinnvoll ist. Sie betonen u.a. dass sie 2020 einen “verbindlichen Klimaplan” beschlossen hätten. Wie merkbefreit muss man denn als Grüner sein, diese vage Absichtserklärung in Gesetzesform so zu betiteln, wo die Initiative gerade zu diese Unverbindlichkeit anprangert?

Im Grunde genommen nehmen sie die Forderungen der Initiative gar nicht ernst. Zwischen den Zeilen gelesen votieren sie für den Volksentscheid.

CDU

Anders als das Gelaber von SPD/Grüne gibt die CDU kontra – und deren Punkte kann ich nachvollziehen. Aber sie zeigen keinen Plan, wie sie es stattdessen lösen wollen. Sie verstecken sich hinter Nebenwolken wie “technologischer Fortschritt” und “nach Augenmaß”.

Sie würden schon allein die tramophobe SPD richtig ordentlich dissen, wenn sie noch das Wort “Straßenbahn” in ihr Statement eingebaut hätten.

Linke

Die Linke votiert – welch Überraschung – für den Entscheid. Und bringt noch viele andere Ideen rein, wie das Ausrufen des Klimanotstandes (keine Ahnung, was das heißt) und sieht den Entscheid nur als Grundlage.

Braune

Die Braunen drehen die Fakten um, allein dass die anvisierten erneuerbaren Energien als “teure Energien” hinstellen.

Fazit

Ohne Zweifel müssen wir mehr Aktivitäten zeigen, die CO2 reduziert, allem voran vermeidbares CO2.

Ich würde gerne das bestehende Gesetz an anderen Stellen erweitern und verschärfen. Im Grunde genommen liefert die Abstimmungsbroschüre an vielen Stellen Futter, wie bspw. Verkehr, Gebäudesektor, erneuerbare Energien, etc. Und vor allem auch die Kompensation, also Begrünung, stärken.