Die CDU in Thüringen möchte Menschen 5.000 Euro schenken, die ihre Hauptwohnung zusammen mit einem Arbeitsplatz zurück nach Thüringen verlegen. So beschlossen in ihrem Regierungsprogramm (siehe auch Ostthüringer Zeitung):
Thüringer Rückkehrprämie: Um dem demographischen Wandel entgegenzuwirken, wollen wir Thüringern, die aus ihrem Heimatland weggezogen sind, eine Prämie zahlen, wenn sie zurückkehren. Diese Rückkehrprämie von 5000 Euro sollen alle erhalten, die ihren Hauptwohnsitz wieder nach Thüringen verlagern und hier eine Arbeit aufnehmen. Für Lebenspartner und Kinder wird der Betrag entsprechend aufgestockt, auch wenn sie zuvor nicht in Thüringen gelebt haben.
Ich erinnere mich, dass ich im Jahre 2007 3.000 Euro bekommen habe – und zwar dafür, dass ich eine Arbeit aufgenommen habe, die mehr als 100 Kilometer von meinem bisherigen Wohnort entfernt liegt. Auf politischer Ebene stufe ich beides als Steuerverschwendung ein. Auf der privaten Ebene habe ich natürlich nicht Nein gesagt.
Zugegeben, ich kenne keinen Menschen, der damals eine ähnliche Prämie bekommen hat. Es gab 2007 irgendein Arbeitsmarkt-Förderprogramm, wo die örtlichen Arbeitsämter sich irgendetwas ausdenken konnten. Und im damals für mich zuständigen Arbeitsamt Pirna gab es dann eben diese sogenannte Mobilitätsprämie.
Im Endspurt meines Studiums wollte ich mich ausschließlich auf meine Diplomverteidigung konzentrieren – und habe damit in Kauf genommen, dass ich damit eine kleine Überbrückungszeit arbeitslos sein werde. Also meldete ich mich arbeitslos – und die Behörde ging mir damals schon auf den Senkel. Das machte aber nichts, ich ging auch der Behörde auf den Senkel. Das lustigste war, dass ich nach langer Diskussion ein Blanko-Formular für Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen bekam. Die Behörde konnte sich zuvor nicht vorstellen, dass man so etwas auf den Folgetag legen kann (und die Formulare immer per Post ankam).
Pro-Tipp: Lege Vorstellungstermine immer auf Termine, wo dich das Arbeitsamt sehen will. Vorstellungstermine haben Vorrang!
Nachdem ich einen Arbeitsvertrag mit einer Berliner Firma unterzeichnete, bekam ich neben Formulare für die Übernahme der Reisekosten zum Jobantritt, Umzugskostenhilfe und eine Trennungshilfe (die in meinem Falle keinen Sinn machte) auch ein Formular mit dieser Mobilitätsprämie. Und ehrlich, da gab es ein Formular, in dem man einen Geldbetrag eintragen konnte, der eine beliebige Zahl zwischen 0 und 3000 sein konnte.
Es ereignete sich dann folgender Dialog beim Arbeitsamt:
Ich: Ich wäre also schön blöd, wenn ich eine geringere Zahl eintragen würde.
Arbeitsamt-Personal: Ja.
Damals war man froh über jeden Langzeitarbeitslosen, den man aus der Statistik streichen konnte. Damit passte ich sehr gut ins Raster: der Tag der Antragstellung dieser Mobilitätsprämie war am 20. Tag (!!!!) meiner Arbeitslosigkeit.
Nun will also die CDU für den Wohnortswechsel Geld verteilen. Nur die Richtung ist umgekehrt. Anstelle von „Raus aus der Statistik” gilt nun „Wir freuen uns auf deine Schlüsselzuweisung”. Die Idee wirkt noch etwas unausgegoren, denn wie soll im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz ein Thüringer von einem Nichtthüringer gesetzlich unterschieden werden? Das geht zugegebenermaßen bei den Bratwürsten etwas einfacher.
Aber ehrlich: Wen wird dieser einmalige Geldbetrag motivieren, nach Thüringen zu ziehen? Es werden sich aber Leute freuen, die es ohnehin vor hatten. So wie ich damals. 2007.
(Siehe auch Blog von Heidrun)